Waterloo und die Passionszeit

In England erzählt man die Geschichte, wie sich vor gut 200 Jahren die Nachricht von dem Sieg bei der Schlacht von Waterloo verbreitet hat. Ein Segelschiff brachte die Nachricht an die Südküste Englands. Über Signalflaggen und Winkzeichen wurde den Einwohnern Londons das Ergebnis des Kampfes mitgeteilt: Wellington besiegt…!

Der Nebel war bei Weitergabe so dicht, dass nur dieser Teil der Nachricht ankam. Wellington besiegt! Rasch machten sich so Tränen, Trauer und Angst unter den Einwohnern Londons breit. Nach einer Weile lichtete sich der bekannte Londoner Nebel.

Noch einmal wurde von einer Kathedrale aus per Winkzeichen der Ausgang der Schlacht von Waterloo signalisiert. Diesmal war die ganze Nachricht zu sehen: Wellington besiegt den Feind! Rasch wandelte sich die Trauer und Fassungslosigkeit in Jubel und Freude. Die Nachricht war nun vollständig. Was sich zunächst wie eine große Niederlage anhörte, war in Wirklichkeit ein großer Sieg, und der Anfang vom Ende der Herrschaft Napoleons in Europa. Im Kirchenjahr sind wir gerade in der Passionszeit und gehen auf Ostern zu. Passion und Leiden Jesu, sein Tod und Sterben am Kreuz sowie Ostern und Auferstehung rücken in den Blickpunkt.

Und das, was zunächst wie eine große Niederlage aussah, war in Wirklichkeit der wichtigste Sieg, der je auf dieser Erde errungen wurde.

Aber – wie gehört das alles zusammen?

JESUS GEHT DEN LEIDENSWEG – TROTZ UNS! 

 Während seines Wirkens kündigt Jesus den Jüngern dreimal an, was mit ihm geschehen wird.

„Seit der Zeit fing Jesus an, seinen Jüngern zu zeigen, wie er nach Jerusalem gehen und viel leiden müsse von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und am dritten Tage auferstehen. Und Petrus nahm ihn beiseite und fuhr ihn an und sprach: Gott bewahre dich, Herr! Dies widerfahre dir nur nicht!“
Matthäus 16, 21-22 

Jesus kündigt seinen Leidensweg an. Aber scheinbar hören die Jünger nur den ersten Teil dieser Nachricht – nämlich die seines Leidens und Sterbens. Was Jesus ihnen von seiner Auferstehung sagt, kommt nicht mehr bei ihnen an. So muss Petrus schließlich von Jesus korrigiert werden.

Im Garten Gethsemane ringt Jesus am Gründonnerstag mit dem Weg, der vor ihm liegt.

„Mein Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst“
Matthäus 26,39

Den Jüngern sagt er: Wacht und betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt. Und kurze Zeit später findet er sie – schlafend!

Und schließlich nach Jesu Festnahme – da wartet Petrus im Hof vor dem Hohen Rat mit anderen. Petrus leugnet dort dreimal, Jesus zu kennen und überhaupt etwas mit ihm zu tun zu haben. Ja, Jesus geht wirklich seinen Leidensweg – trotz uns. Die, die ihn begleiten wollen, die hindern

ihn, schlafen ein oder leugnen, ihn zu kennen.

JESUS STIRBT STELL-VERTRETEND – FÜR UNS! 

Alles scheint dann zu enden mit dem Karfreitag. Hier stirbt Jesus, der Sohn Gottes – stellvertretend für uns. Jesus besiegt – so scheint die Botschaft dieses Tages zu sein. Er, der selbst von keiner Sünde wusste, wurde für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt (2.Korinther 5,21).

So stirbt Jesus stellvertretend für die Schuld dieser Welt am Kreuz von Golgatha. Hier erfüllt sich das, was viele Jahrhunderte davor schon Jesaja sagte:

„Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unserer Missetat Willen verwundet und um unserer Sünde Willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der Herr warf unser aller Sünde auf ihn.“
Jesaja 53, 4-6

Am Kreuz starb Jesus an unserer Stelle. Sein Leiden und Sterben bringt uns Frieden und Heil. Gott hat einen Platz geschaffen, wo wir die Sünde und Schuld unseres Lebens abladen können und Vergebung finden. Ohne ihn würden wir alle in die Irre gehen - wären wie Schafe ohne einen Hirten.

Jeder hätte sich seinen eigenen Weg (ohne Gott) gewählt. Aber Jesus ist der gute Hirte, der, der sein Leben für die Schafe lässt. Johannes 10,11

DIE BOTSCHAFT VON JESU AUFERSTEHUNG WIRD WEITERGEGEBEN – DURCH UNS! 

Aber Jesus bleibt nicht im Tod. Das, was wie das Ende aussah, war nur der Anfang von etwas Neuem. Jesus besiegt den Tod! Darum ist Ostern nicht die Entstehung des Glaubens in den Jüngern, dass Jesus lebe – wie es in der modernen Theologie heute weit verbreitet ist. Vielmehr bezeugt und offenbart sich Jesus selbst denjenigen, die ihn lieben, als der Lebendige.
Keine Nachricht hat diese Welt mehr verändert als diese: Jesus Christus ist auferstanden und lebt! So muss Angst der Zuversicht weichen, so kann in Verzweiflung neue Hoffnung entstehen und so kann Sterben der Beginn eines neuen Lebens sein. Seit Ostern hat der Tod nicht mehr das letzte Wort über unser Leben, sondern Jesus Christus, der gesagt hat:

„Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“
Johannes 14,19

Die, die dem lebendigen und auferstandenen Herrn begegnet sind, haben nun den Auftrag, selbst Zeuge der Auferstehung zu sein.

„Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“
Lukas 20,21

Die, die selbst Vergebung von Schuld erfahren haben, dürfen jetzt zu dem auferstandenen Herrn einladen.

„So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst Euch versöhnen mit Gott.“
2. Korinther 5,20

Und die, die in Jesus den Sinn des Lebens erfahren haben, dürfen in all ihrem Tun wissen, dass nichts vergeblich ist, was sie mit und für Jesus tun. 1. Korinther 15,58

Ja, so gehört wirklich alles zusammen – Jesu Leiden, Sterben und seine Auferstehung.

„Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.“
Philipper 3,10+11